Griechenland

Die Reisen

Bei unseren Reisen nach Griechenland verbringen ca. eine Woche in Athen und anderen Orten in Griechenland und treffen uns dort mit Historiker*innen und Aktivist*innen zum Gespräch, besuchen Museen und historische Orte und haben Zeit für Diskussion und Reflexion in der Gruppe. Die thematischen Schwerpunkte wechseln, drehen sich aber immer um zeitgeschichtliche Themen.

Wichtige Themen unserer bisherigen Reisen waren die Zwischenkriegszeit, die Nazi-Besatzung Griechenlands (1941-1944) und der bald folgende Bürger*innenkrieg (1946-1949) sowie die Militärdiktatur (1967-1974). Wir beschäftigten uns dabei mit verschiedenen Aspekten dieser Geschichte –  den sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und innenpolitischen Auseinandersetzungen in Griechenland, die brutale Besatzungspolitik der Nazis und die Widerstandsbewegung, oder geopolitische Interessen im aufkommenden Kalten Krieg. Dabei geht es uns nicht nur um die historischen Fakten, zentral ist, wie die Geschichte später geschrieben wird, welche Ereignisse betont, welche ausgeblendet oder umgedeutet werden. Nicht zuletzt beziehen wir auch aktuelle politische Fragen ein, bisher ging es Rechtsextremismus in Griechenland und Österreich heute, Arbeitskämpfe und die Krise oder die Situtation für Geflüchtete im Kontext der bestehenden mörderischen Asylpolitik.

Grundgedanke dabei ist, durch einen Blick auf historische wie aktuelle gesellschaftliche Kämpfe, aber auch in einem Austausch über nationale Grenzen hinweg, über Perspektiven und Strategien antifaschistischer, progressiver Politik heute nachzudenken. Unsere Reisen sind offen für alle Interessierten, es sind keine speziellen Vorkenntnisse notwendig! Arbeitssprache der Reisen sind Deutsch, viele unserer Vorträge und Führungen sind aber auf Englisch. Hier einige Infos, wie unsere Reisen ablaufen.

Bericht der Reise 2023

Bericht der Reise 2019

Bericht der Reise 2018

Bericht der Reise 2016

 

Historischer Hintergrund

Im April 1941 okkupiert die deutsche Wehrmacht Griechenland, es wird daraufhin zwischen Italien, Bulgarien und dem Deutschen Reich aufgeteilt. Durch Besatzungspolitik und ökonomische Ausbeutung des Landes verschlechtert sich die (ökonomische) Situation für die Zivilbevölkerung drastisch, vor allem in der Stadt Athen. Einige kollaborierende Gruppen und Personen können von der Okkupation allerdings profitieren. Bald entsteht eine starke, antifaschistische Widerstandsbewegung (EAM/ELAS) unter Führung der Kommunistischen Partei, die weite Teile Griechenlands befreit. Um den Widerstand zu brechen, verüben NS-Einheiten zahlreiche Massaker gegen die Zivilbevölkerung - als sogenannte 'Sühnemaßnahmen' für Partisan*innenangriffe. Die jüdische Bevölkerung wird entrechtet und enteignet. Ab 1943 beginnen Deporationen, vor allem nach Auschwitz, wo fast alle der 80.000 griechischen Jüd*innen vernichtet werden.

Nach dem Abzug der Wehrmacht im Oktober 1944 spitzt sich der Konflikt zwischen der Widerstandsbewegung und einer Koalition aus ehemaligen Kollaborateur*innen und Bürgerlichen um die zukünftige Staatsform zu. Großbritannien und die USA unterstützen zweitere um – im Kontext des aufkommenden Kalten Kriegs – eine kommunistische Machtübernahme zu verhindern. Die Linke wird in diesem Krieg besiegt, ein repressives parlamentarisches Regime setzt sich für die nächsten Jahrzehnte durch: Politisch links stehende Personen werden als 'Verräter der Nation' eingesperrt oder zu Bürger*innen zweiter Klasse, die Kommunistische Partei wird verboten und viele werden gezwungen, ins Exil zu gehen.

In Österreich ist das Wissen um diese Geschichte gering, auch die überdurchschnittlich hohe Beteiligung von Österreichern in den NS-Einheiten in Griechenland und am Balkan generell sind wenig bekannt. Beispielhaft für den österreichischen Umgang mit dieser Vergangenheit steht die Affäre um den späteren Bundespräsidenten Kurt Waldheim: Er war im Zweiten Weltkrieg unter anderem in der Nähe von Thessaloniki als Verwaltungsoffizier stationiert, ließ dies in seiner Biografie allerdings aus. Als seine Vergangenheit im Präsidentschaftswahlkampf 1986 öffentlich skandalisiert wird, kann er sich – trotz dem ihm zugänglichen einschlägigen Schriftverkehr - nicht mehr an die in seiner Dienstzeit verübten Verbrechen von Wehrmacht und SS erinnern. Er argumentiert, er habe nur seine Pflicht erfüllt, wirbt mit dem Slogan 'Jetzt erst recht' und wird schließlich auch gewählt.