Das Burgenland während dem Nationalsozialismus

Vertreibung, Verfolgung, Vernichtung und postnazistische Kontinuitäten

 

Bericht der Reise 2014

 

Historischer Hintergrund

1921 wird das Gebiet des heutigen Burgenlands in Folge der Friedensverträge nach dem Ersten Weltkrieg der Republik Österreich zugesprochen. Das Burgenland ist zu diesem Zeitpunkt ein armes, agrarisch dominiertes Gebiet mit einer kulturell und sprachlich heterogenen Bevölkerung. Der Anschluss an das Deutsche Reich im März 1938 wird von vielen Burgenländer*innen begeistert aufgenommen. Dies zeigt sich beispielsweise im Ort Oberschützen, wo deutschnationale Anschlussdenkmäler 1931 (Anschluss Burgenlands an Österreich) und 1939 (Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich) errichtet wurden.

Rund 4000 Jüd*inn*en leben vor 1938 im Burgenland, wichtig sind die „Siebengemeinden“ (Schewa Kehilot) Eisenstadt, Mattersdorf, Kobersdorf, Lackenbach, Frauenkirchen, Kittsee und Deutschkreuz. Unmittelbar nach dem Anschluss im März 1938 wird die jüdische Bevölkerung vertrieben, bereits im Oktober 1938 wird stolz verkündet: „Das Burgenland ist judenrein“. Auch gegen Rom*nija und Sinti*ze werden diverse Diskriminierungs- und Zwangsmaßnahmen eingeführt bzw. verschärft. Ab 1938 gibt es erste Deportationen nah Dachau, 1940 wird das Konzentrationslager Lackenbach errichtet, das vor allem als Durchgangslager für weitere Deportationen dient. Von den 8000 Burgenland-Rom*nija überleben 600-700 den Holocaust. In mehreren burgenländischen Orten finden in den letzten Kriegstagen sogenannte „Endphaseverbrechen“ statt: Für den Südostwallbau eingesetzte ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter werden beispielsweise in Orten wie Rechnitz und Deutsch-Schützen ermordet. Der Umgang mit diesen Geschehnissen nach 1945 lässt sich – gesamtösterreichischen Tendenzen gemäß – als Verdrängen, Verschweigen und Vergessen umschreiben. Der Großteil der Burgenländer*innen sieht sich als das eigentliche Opfer des Kriegs – zuerst von Nazi-Deutschland in einen Krieg gedrängt, nun von „den Russen“ besetzt.